Partner für eine grüne Industriepolitik: Maschinen für die ökologische Modernisierung und mehr Wettbewerbsfähigkeit

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

Vielen Dank für die Einladung. Ich freue mich heute hier sprechen zu dürfen. Ihre Branche ist ein – wenn nicht das – Rückgrat des Industriestandorts Deutschland.

Ohne Industrie stünde Deutschland heute nicht – trotz Krise – relativ gut da.

Es war gut, dass wir dem Ratschlag, uns von einer Industrie- zu einer Dienstleistungsökonomie zu entwickeln, der uns von der Partei meines Vorredners mantra-haft vorgesungen wurde, nicht gefolgt sind.

Ich glaube, heute sind auch Sie, Herr Rösler, froh, dass wir nicht Irland sind, ein Land, dass Ihr Vorgänger Herr Westerwelle Deutschland vor ein paar Jahren noch als Vorbild empfahl.

Heute hat Deutschland Bei den am häufigsten als bedeutsam genannten Faktoren Energie, Rohstoffe und staatlicher Ordnungsrahmen von der Industrie die Note 2,0 (gut) bekommen.

In Ihren Verbänden, dem VDMA[1] und dem VDW[2], versammeln sich viele beeindruckende Unternehmen.

Im Maschinen- und Anlagenbau zeigen deutsche Unternehmen ihre höchste Ingenieurskunst. Ihre fortschrittlichsten Leistungen zeigen sich auch am großen Erfolg vieler Ihrer Unternehmen am Weltmarkt.

Heute ist Dienstag, das ist einer der Tage, an dem ich die Frankfurter Allgemeine immer von hinten lese. Denn am Ende findet sich dienstags immer die Beilage Technik und Motor. Und wenn ich kaum eine Hannover-Messe auslasse, dann liegt das nicht nur daran, dass ich niedersächsischer Abgeordneter bin.

Nein, man kann nicht für die ökologische Modernisierung streiten – und nicht technikbegeistert sein.

Wer ökologischen Umbau global und mit allen gesellschaftlichen Dimensionen denkt, der weiß:

Technologie ist bei der Lösung der ökologisch-ökonomischen Menschheitsfrage unsere beste und oft einzige Chance.

Wer in aufholende Schwellen- und Entwicklungsländer reist und sich gleichzeitig die Grenzen der Bereitschaft zur Anpassung von Lebens- und Konsumstilen in den entwickelten Ländern anschaut, der kann zu keinem anderen Schluss kommen.

Wir Grüne verstehen die deutschen Maschinenbauer als Partner bei der ökologischen Modernisierung.

Als Pfund mit dem Deutschland wuchern kann im Kampf um eine globale Vorreiterrolle in der ökologisch transformierten Wirtschaft der nächsten Jahrzehnte.

Hier liegen nicht nur technologische Chancen – hier liegen auch riesige ökonomische Chancen im globalen Wettbewerb.

Wirtschaft und Staat sind aufeinander angewiesen

Sie haben dieser Debatte den Titel „Wirtschaft und Staat im 21. Jahrhundert“ gegeben. Ich bin ganz und gar nicht der Meinung, dass wir heute unter einem Zuviel an Staat leiden. Im Gegenteil, ich halte das für eine vollkommen überholte und politisch naive Verkürzung.

Spätestens seit der Lehman-Pleite und dem Nicolas Stern-Bericht muss diese Ansicht – gelinde gesagt – als ignorant bezeichnet werden. Wer das noch immer vertritt, wie mein Vorredner, der hat keinerlei Lektion aus zwei fundamentalen Krisen gelernt: Der Finanzkrise und der Klimakrise.

Beide Krisen sind offensichtlich katastrophale Fälle von Marktversagen. In der Finanzkrise sorgte ein Mangel an Aufsicht und Regulierung dafür, dass ein freier Markt sich systematisch selbst zerstörte, was in letzter Konsequenz nur durch das Eingreifen von Staaten verhindert wurde.

Und in die Klimakrise sind wir gerutscht, weil Marktpreise ein Jahrhundert lang nicht die externen, ökologischen Kosten von Markttransaktionen abgebildet haben und dadurch ökologisch fatale Anreize aussendeten.
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Der Markt alleine richtet es eben nicht.

Wir sollten endlich aufhören, Staat als lästiges Hemmnis wirtschaftlicher Aktivität zu denunzieren und auch nicht umgekehrt Wirtschaft und Unternehmen als Buhmänner und Prügelknaben missbrauchen. Es kann keine erfolgreiche Demokratie geben ohne funktionierende Wirtschaft und keine funktionierende Marktwirtschaft ohne demokratischen politischen Rahmen.

Wir leben zuallererst in einer Demokratie, wollen einen demokratiekonformen Markt und keine marktkonforme Demokratie.

Wir haben allerdings in den letzten vier Jahren erlebt, dass eine Bundesregierung ihre Aufgaben zur weitsichtigen und verlässlichen Rahmensetzung für wirtschaftliche Aktivität sträflich vernachlässigt hat. Sie haben in den letzten Jahren ein unerträgliches Hin- und Her erlebt, sei es in der Steuerpolitik, sei es in der Energiepolitik, sei es in der Europapolitik. Diese Regierung agiert ohne Kompass, sie macht jede Planung für Bürger und Unternehmen unmöglich, und sie packt die grundsätzlichen Reformen, die wir heute brauchen nicht an.

Wir brauchen einen grundlegenden Wandel, um dieses Land strukturell auf die Zukunft vorzubereiten. Und wir müssen den Wandel politisch befördern. Verlässlich. Kontinuierlich. Planbar.

Das betrifft heute vor allem Energiepolitik, Europapolitik, Finanzpolitik sowie eine Grüne Industriepolitik.

Eine Energiewende mit Plan

Die Bundesregierung hat ein beispielloses Hin und Her in der Energiepolitik angerichtet. Zuerst stieg sie wieder in die Atomkraft ein, nach dem Unglück von Fukushima opportunistisch und planlos wieder aus.

Dann tat sie ein Jahr lang gar nichts, und jetzt meint der Umweltminister, den Ausbau der Erneuerbaren gar bremsen zu müssen. Herr Rösler und Herr Altmaier streiten sich bloß über das Mittel zu diesem Zweck.

Philipp Rösler will zurück zur Planwirtschaft in der Stromerzeugung und plädiert für das englische Quotenmodell. Das ist teuer und ineffizient. Dort kostet die Kilowattstunde Windstrom 13 Cent, bei uns kostet sie nicht einmal 7 Cent. Aber genau diese Verteuerung will Herr Rösler – denn nur so kriegt er den Strom aus den Kohlekraftwerken von RWE, E.on und Co. wieder ins Netz.

Auch Peter Altmaier will Planwirtschaft und Quote – er will den Wind an Land mit Quoten bremsen. Mehr als 40 % erneuerbarer Strom soll es nicht werden. Das eröffnet neue Auslastungschancen für Kohlekraftwerke, die schon heute, bei einem Anteil von 25 % erneuerbaren Stroms, nicht kostendeckend ausgelastet sind.

Die Diskussion ist bizarr! Früher behaupteten CDU und FDP, dass bei uns die Lichter ausgehen würden – jetzt sorgen sie sich um zu viel Strom.

Meine Damen und Herren, die Energiewende ist gut für Wirtschaft – und Wachstum.

Aktuell arbeiten schon über 350.000 Menschen in der Branche der Erneuerbaren, die Arbeitslosigkeit im einst armen Ostfriesland ist heute unterdurchschnittlich, die Windbranche fragt reichlich Stahl nach. Der Anlagenbau profitiert von Milliardeninvestitionen.

Der Investitionsboom in Erneuerbare Energien hat das Angebot an Strom vergrößert. Deshalb sinken seit zwei Jahren an der Leipziger Strombörse die Preise am Spotmarkt wie für Termingeschäfte.

Das begünstigt besonders die deutsche Industrie. Nach den Zahlen von Eurostat stiegen bis 2009 die Strompreise für industrielle Endverbraucher. 2010, 2011 und 2012 sind die Endverbraucherpreise für die Industrie in Deutschland gesunken!

Leider sind die sinkenden Erzeugerpreise nicht bei allen angekommen. Das liegt an der Bundesregierung und ihrer künstlichen Vermehrung energieintensiver Betriebe.

Ich weiß, dass Sie das als Verband umtreibt. Es gibt energieintensive Betriebe, die hier gewisse Erleichterungen verdienen und deshalb haben wir ja auch unter Rot-Grün solche Ausnahmen in das Gesetz mit aufgenommen. Aber:

Waren es bei Rot-Grün noch 600 Aluhütten und Stahlschmelzen, werden es 2013 über 2000 Großbetriebe
sein, darunter Schlachthöfe, Futtermittelbetriebe oder – beim Netzentgelt – Bankrechenzentren. Das kostet alleine über 4 Mrd. € und es treibt die EEG Umlage über die 5 Cent.

Nicht nur die Verbraucher zahlen für dieses Geschenk. Die Hälfte der Industriestromkunden in Deutschland, insbesondere in Klein- und Mittelbetrieben, zahlen für Stromgroßverbraucher und Verschwender mit.

Es zeigt sich: Die Energiewende kann nicht gelingen, wenn sie von Leuten gemacht wird, die sie nicht wollen.

Die Energiewende ist ein Jahrhundertprojekt! Wir stellen die Energieversorgung um, weil unserer Umwelt und Gesundheit massiv bedroht sind von den Auswirkungen einer fossilen und atomaren Energieversorgung. Dieses Zeitalter geht zu Ende!

Mit der Energiewende machen wir unser Land zu einem Beispiel für die ganze Welt. Wir können beweisen, dass ein Industrieland wie Deutschland sich ohne die umweltfeindlichen Energieformen Kohle und Atom sauber mit Energie versorgen kann. Auch die letzten Besitzstandswahrer und Lobbyisten sollten das endlich als die riesige Chance und begeisternde Zukunftsaufgabe begreifen, die es ist!

Die Bundesregierung versäumt es aber nicht nur in der Energiepolitik, die nötigen langfristig orientierten strukturellen Reformen anzugehen.

Ein Rahmen für Europa

Sie versteht auch die europäische Krise vollkommen falsch. Die Staatschuldenkrise ist Folge zweier Grundprobleme: Ein unregulierter Finanzmarkt und die extrem ungleiche Wirtschaftsstärke der europäischen Regionen.

Wir bräuchten also vor allem eine effektive europäische Bankenunion und entschlossene Schritte zu einer Wirtschaftsunion.

Beides bremst die Bundesregierung bei jeder Gelegenheit aus.

Nach dem letzten Europäischen Rat feierte sich die Bundeskanzlerin dafür, die europäische Bankenaufsicht weit in das nächste Jahr verzögert zu haben. Schon 2010 blockierten Frau Merkel und Herr Schäuble einen Vorschlag des Europäischen Parlamentes für eine effektive europäische Aufsicht.

Lassen Sie sich nicht täuschen, von der Parole, man wolle „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“. Die Regierung Merkel-Rösler will eine echte Finanzmarktregulierung in Europa verhindern.

Einen von den Banken finanzierten Bankenabwicklungsfonds oder eine Schuldenbremse für die europäischen Banken hat sie nicht einmal auf der Agenda.

Damit bleibt es dabei: Bei der nächsten Bankenpleite muss wieder der Steuerzahler einspringen und Skandale wie die Übernahme der Risiken der Hypo Real Estate durch den Steuerzahler in Höhe 187 Mrd. bleiben jederzeit möglich.

Und eine koordinierte Wirtschaftspolitik will die Bundesregierung auch nicht. Sie hält an einer rein national orientierten Wettbewerbspolitik fest. Europäische Wirtschaftspolitik hieße Investitionen in Zukunftsbranchen in schwachen Regionen, vor allem aber auch koordinierte Steuer, Lohn und Sozialpolitik.

Der deutsche Exportüberschuss ist in Europa genauso wenig nachhaltig wie das griechische Haushaltsdefizit. Deutsche Lohnzurückhaltung und die Verweigerung eines Mindestlohns sind ebenso falsch wie überhöhte Löhne und Staatsausgaben im europäischen Süden.

Man kann Löhne und Produktivität in zwei Richtungen entkoppeln – beide Entkoppelungen sind falsch.

Wir bräuchten Investitionen in schwache Regionen statt einer Sparpolitik die kranke Volkswirtschaften vollends in den Ruin treibt.

Wir Grüne fordern schon seit langem eine stärkere wirtschaftspolitische Koordinierung in Europa und insbesondere in der Eurozone. Nur so könnten wir dauerhaften Ungleichgewichten vorbeugen.

Daran haben gerade die deutschen Unternehmen ein Interesse, denn auf Dauer ist ein auf Pump finanzierter Export nicht haltbar.

Auf dem EU-Gipfel des letzten Wochenendes ist wieder nichts in diese Richtung geschehen.

Auch bei der Lösung des Altschuldenproblems und des Zinsdrucks, der auf den Krisenländern lastet, kommt von der Bundesregierung nichts als Blockade.
Von uns Grünen über den Sachverständigenrat der Bundesregierung bis zum Zwischenbericht der vier Präsidenten vom Gipfel des Wochenendes wird ein europäischer Altschuldentilgungsfonds gefordert, der ein kontrolliertes Abtragen von Altschulden zu günstigeren Zinsen gemeinschaftlich durch alle europäischen Staaten organisiert.

Frau Merkel und Herr Schäuble sind dagegen. Eine Strategie zur Bewältigung der Krise Europas hat die Bundesregierung nicht.

Ein neuer Gesellschaftsvertrag

Herbert Wehner hat mal gesagt, einen armen Staat können sich nur Reiche leisten. Seit 2008 wissen wir: Auch Reiche sind auf einen handlungsfähigen Staat angewiesen.

Denn ohne die Bankenrettungsmaßnahmen hätten sich viele private Vermögen in Luft aufgelöst, ohne die Konjunkturstützungsmaßnahmen hierzulande oder in wichtigen Exportländern wie USA oder China wären viele Unternehmen in Deutschland bankrott gegangen.

Und wir brauchen noch aus vielen anderen Gründen eine handlungsfähige öffentliche Hand.

Auch das ergibt sich aus der Studie des IW. Zu den Stärken Deutschlands gehören nach der Analyse neben dem Wettbewerb auf den Gütermärkten und eine langen Wertschöpfungskette von der Grundstoffherstellung bis zu Verkauf und Service, die gute Logistik-Infrastruktur, das relativ gute Angebot an Fachkräften. Das gibt es nicht mit einem armen Staat.

Vielleicht meint mancher hier im Raum, das sei gar nicht der Fall, in Wirklichkeit sprudeln doch die Steuerquellen und das Problem liege nur bei der verschwenderischen Politik.

Klar – man muss nicht 400 Millionen aus dem Bundeshaushalt Wowereits Flughafendesaster hinterher schießen. Man darf auf keinen Fall 2 und mehr Milliarden dafür ausgeben, den Fachkräftemangel in Deutschland zu verschärfen – indem man gut qualifizierte Frauen mit der Herdprämie vom Arbeitsmarkt fernhält. Aber das löst das Problem nicht.

Und wir können gerne darüber diskutieren, wie man 50 Mrd. ökologisch schädliche Subventionen vermindert, wie man die Bevorzugung von Kapitaleinkommen gegenüber Unternehmenseinkommen bei der Abgeltungssteuer mindert oder den Mehrwertsteuerdschungel lichtet. Am Ende aber bleibt eine Feststellung:

Das Niveau öffentlich finanzierter Güter, dass sich die allermeisten von uns wünschen und das wir aus den eben genannten Gründen auch volkswirtschaftlich brauchen, dieses Niveau erreichen wir bei der jetzigen Einnahmesituation nicht, selbst bei Rekordeinnahmen.

Zu diesem Grundproblem kommen nun die Kosten der Finanzkrise hinzu. Unter der Bundeskanzlerin Merkel ist die Staatsverschuldung um rund 500 Milliarden Euro gestiegen auf mittlerweile über 2 Billionen Euro.

Wir leben in einem der reichsten Länder der Welt und doch müssen wir zur Finanzierung unserer Schulen und Kindergärten, unserer Polizisten und Lehrer, unserer Rentner und sozial Schwachen, zur Stützung unserer Banken und zur Investition in unsere Infrastruktur dauerhaft Kredite in immer größerem Umfang aufnehmen. 12 % des Bundeshaushaltes, jährlich 36 Mrd. € gehen für den Schuldendienst drauf – in Zeiten historisch niedriger Zinsen. Währenddessen wächst der private Reichtum in diesem Land in einem nie dagewesenen Ausmaß.

In den letzten zwanzig Jahren hat sich das Nettovermögen der privaten Haushalte von rund 4.600 Mrd. auf rund 10.000 Mrd. Euro mehr als verdoppelt. Allein in den letzten 5 Jahren hat es sich noch einmal um rund 1.400 Mrd. Euro erhöht. Den reichsten 10% der Bevölkerung gehört davon weit über die Hälfte und dieser Anteil wächst weiter.

Nie dagewesener privater Wohlstand der Oberschicht bei öffentlicher Rekordverschuldung, diese Entwicklung ist nicht nachhaltig.

Meine Partei schlägt eine zweckgebundene Vermögensabgabe zum Abbau der Schulden aus der Finanzkrise vor. Sie zielt dabei auf Nettovermögen über einer Million Euro, betrifft weniger als 1 Prozent der Bevölkerung, und wird zur Tilgung der Kosten der Finanzkrise verwendet. Unternehmen sind nicht abgabepflichtig, für
Betriebsvermögen gibt es einen Freibetrag von Fünf Millionen Euro.

Lieber Herr Dr. Lindner, Sie haben für diese Tagung die Überschrift „Grenzen der Belastbarkeit“ gewählt.

Vielleicht meinen Sie die Grenzen der Belastbarkeit der Umwelt gegenüber Emissionen, Verschmutzungen, Zerstörungen der Biodiversität;

Vielleicht meinen Sie die Grenzen der Belastbarkeit öffentlicher Haushalte bei der Finanzierung öffentlicher Güter wie Sicherheit, Bildung, Gesundheit, Infrastruktur.

Dann sind wir d´accord!

Ich mag allerdings nicht glauben, dass außer Herrn Rösler hier, ernsthaft jemand behaupten möchte die Grenzen der Belastbarkeit der deutschen Millionäre sei erreicht, wenn ihnen zur Bewältigung der deutschen Staatschuldenkrise zugemutet wird, dass ihr Vermögen in den nächsten Jahren etwas langsamer wächst.

Eine bessere Verteilung des Wohlstandes in diesem Land ist übrigens auch ökonomisch sinnvoll.

In den Jahren vor der Finanzkrise haben wir eine ähnliche Entwicklung in vielen westlichen Ländern erlebt. Viele Arbeitnehmerhaushalte konnten kaum Schritt halten, verschuldeten sich immer weiter, während kleine Oberschichten immensen Reichtum anhäuften und diesen immer riskanter anlegten. Es entstand ein aufgeblasener Finanzmarkt bei gleichzeitig schwächelnden Binnenkonjunkturen. Das Resultat heißt Finanzkrise.

Wir müssen diese Entwicklung korrigieren. Wir brauchen in diesem Land wieder eine gleichmäßigere Teilhabe der Gesellschaft an der Wertschöpfung unserer Wirtschaft.

Industriepolitik mit Grünem Kompass

Marktwirtschaft wird nicht von alleine sozial, sie wird nicht von alleine ökologisch.

Das Gegenteil ist nicht Planwirtschaft aber eine Einwirkung auf das Marktgeschehen mithilfe kluger Instrumente wie dem EEG oder dem Emissionshandel.

Wir wollen den ökologischen Wandel unserer Wirtschaftsstruktur politisch begleiten, befördern und steuern.

Wir wollen das aber nicht tun, indem wir Industrie aus Deutschland vertreiben. Hier sind wir uns sicher mit Ihnen einig und hier sind wir eben an einem Dialog und einem partnerschaftlichen Verhältnis interessiert.

In der Blue Competence Initiative Ihres Verbandes versuchen Sie das Know-How Ihrer Mitgliedsunternehmen zur Nachhaltigkeit zu bündeln, das ist eine sehr beeindruckende Initiative. Allein der Überblick über die verschiedenen Bereiche macht deutlich, wie viele Gemeinsamkeiten Grüne und der VDMA heute finden können:

Das Spektrum zieht sich über den gesamten Bereich der Erneuerbaren Energien, über Ressourcen- und Energieeffizienz, über Wassertechnik, Recycling und Kreislaufwirtschaft bis zur Prozessoptimierung und der Systemsteuerung.

Energieeffiziente Werkzeugmaschinen, hocheffiziente Pumpen, Aluminiumrecycling, die Erhöhung der Materialausbeute in der Produktion, die energetische Verwertung von Deponiegas, Effizienzsteigerungen in der Schiffahrt, Batterietechnik, Carbonfaserkunstoffe, etc.

All dies sind eindrucksvolle Belege dafür, wie die Unternehmen Ihres Verbandes eine absolut entscheidende Rolle spielen, bei dem ur-grünen Anliegen der ökologischen Modernisierung der Wirtschaft. Über diese Themen müssen wir im Gespräch bleiben, da sind wir geradezu angewiesen auf Ihr Wissen und Ihre Vorstellungen zu den politischen Rahmenbedingungen, die Ihre Arbeit weiter befördern können.

Wir wollen eine Grüne Industriepolitik, die den hier ansässigen Unternehmen klare Vorgaben und Rahmenbedingungen gibt aber auch Zeit, die ökologische Modernisierung mitzugehen, mit zu treiben – und Geld daran zu verdienen.

Sie wissen genauso so gut wie ich, dass das bereits in hohem Maße geschieht, vielleicht erklären Sie es bei Gelegenheit auch noch dem Wirtschaftsminister, der hier vorne sitzt.

Deutsche Unternehmen Ihres Verbandes sind in vielen Bereichen, die die ökologische Modernisierung betreffen bereits jetzt Spitze.

Das betrifft vor allem auch Energie-, Material- und
Ressourceneffizienz. Denn nur mit einer dramatisch gestiegenen Effizienz können wir es schaffen, wirtschaftliches Wachstum von den Emissionen und dem Ressourcenverbrauch zu entkoppeln. Auch dazu bräuchte es klare politische Vorgaben.

Aufgrund der Untätigkeit der Bundesregierung wird Deutschland allerdings das EU-Effizienzziel von 20% weit verfehlen. Bei den Beratungen auf EU Ebene zur neuen Energieeffizienz-Richtlinie hat die Bundesregierung sich entweder gar nicht beteiligt, da sie zerstritten ist oder sie hat gebremst.

Dabei liegt hier liegt ein riesiges Arbeitskräftepotential von bis 500 000 Arbeitsplätzen.

Aus dem grünen Energiesparfonds, den wir vorschlagen, könnte ein Bündel von Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz sowohl in privaten Haushalten als auch in Unternehmen finanziert werden.

Außerdem bräuchten wir eine Erhöhung des europäischen Klimaziels auf minus 30 Prozent. Der Preis der Emissionszertifikate würde sich stabilisieren und der Emissionshandel könnte seine Anreizfunktion für Investitionen in Klimaschutz, in Energieeffizienz wieder erfüllen.

Wir wollen außerdem eine Ausweitung der Materialeffizienzberatung für kleine und mittelständische Unternehmen und einen Top Runner Ansatz, bei dem das umweltverträglichste und energiesparendste Produkt den Standard vorgibt, den alle Anbieter einer Branche in einem bestimmten Zeitraum erfüllen müssen.

Sie sehen, es mag Unterschiede zwischen uns geben, aber auch viele Anknüpfungspunkte.

Ich denke, ein Deutschland mit einer entschlossen vorangetriebenen Energiewende, in einem gleichmäßiger entwickelten Europa, in einer Gesellschaft die allen Teilhabe bietet und die sich gemeinsam ökologisch modernisiert,

Für ein solches Deutschland sollten wir uns gemeinsam engagieren. Bei diesem Prozess können Grüne und die Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus vieles gemeinsam voranbringen.

Ich weiß, wie enttäuscht viele von Ihnen von Schwarz-Gelb sind. Die politische Landschaft ist reich und farbenfroh.

Ich danke Ihnen.

 

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