Anlässlich des Treffens der EU-Energieminister erklären Annalena Baerbock MdB, Sprecherin für Klimapolitik und Jürgen Trittin MdB, Mitglied im Auswärtigen Ausschuss:
Die Europäische Union begibt sich auf einen gefährlichen Weg. Statt die Chancen zu nutzen, die sich aus der Schaffung einer europäischen Energieunion ergeben könnten, organisiert sie einen energiepolitischen Rollback. Nicht die Unabhängigkeit von Energieimporten, Klimaschutz und sichere und saubere Energie stehen im Fokus, sondern das Festhalten an fossilen Energieträgern. Wenige Monate vor der Klimakonferenz in Paris ist es ein fahrlässiges Signal, keinen substantiellen Vorschlag für eine europäische Energiewende vorzulegen. Die Energieminister verpassen die Chance, eine Klimaunion zu entwickeln und sich dank Erneuerbarer Energien wirklich unabhängig zu machen.
Um unabhängiger von russischem Gas zu werden, will die EU in Zukunft auf potentielle Lieferanten wie Saudi-Arabien, Katar und Aserbaidschan setzen. Das ist eine Farce, bedenkt man, dass alle diese Länder beim Freedom-House-Index für Freiheit genauso beziehungsweise noch schlechter abschneiden, als Russland. Es wäre absurd, wenn in Zukunft europäische Milliarden an noch mehr Autokraten dieser Welt fließen.
Fatal ist außerdem verstärk auf Atomkraft zu setzen. Noch vor einem Jahr hat Wirtschaftsminister Gabriel auf dem gleichen Treffen den Niedergang der Atomkraft verkündet. Heute wollen die Energieminister aber Atomenergie wieder zu einer wichtigen Stütze europäischer Energieversorgung umetikettieren. Das ist eine ökologisch wie ökonomisch verheerende Entscheidung. Zu Recht hat Greenpeace Energy entschieden, gegen diese Förderung zu klagen. Wer wie Großbritannien das Atomkraftwerk Hinkley Point C durch die EU fördern lässt und über 35 Jahre einen Abnahmepreis garantiert, der mehr als doppelt so hoch ist, als der Marktwert, legt Hand an das Fundament einer europäischen Energiewende.
Die Ankündigung Gabriels, sich gegen die Förderung von Atomkraft einzusetzen, ist wenig glaubwürdig. Es war derselbe amtierende Wirtschaftsminister, der dem deutschen EU-Kommissar Oettinger nicht widersprach, als dieser die Milliardenförderung für Hinkley Point C genehmigte.
Diese Entscheidungen bremsen Erneuerbare Energien aus und zementieren europäische Energiemonopole. Flüssiggas und Fracking wären teure Irrwege. Schon heute sind die vorhandenen Flüssiggas-Terminals in Europa nur zu knapp 20 Prozent ausgelastet. In den USA sind durch den niedrigen Ölpreis viele Gasfelder wegen Unrentabilität geschlossen worden. Dem trägt die Strategie der EU keinerlei Rechnung. Statt Überkapazitäten abzubauen, konsequent Energie einzusparen und ein modernes Strommarktdesign zu entwickeln, setzt die EU auf eine Energiepolitik des letzten Jahrhunderts.
Dabei liegt gerade hier der Schlüssel für mehr politische Unabhängigkeit und Klimaschutz.
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